Die Fahrgeräusche der Radgetriebe sind laut geworden? Das Rad hat im Lager ein merkbares Spiel? Das Öl im Radgetriebe wird gewechselt und man will einfach gerade mal schauen?
Ein Weg abseits vom Werkstatthandbuch, die Radlager einzustellen.
Vorbereitung
Material:
- Je Stärke ein paar Passscheiben/Distanzscheiben: 40/52/0.1, 40/52/0.2 und 40/52/0.3 mm
- Eventuell neuer O-Ring. Der geht jedoch selten kaputt. Eher als Reserve.
- Gegebenenfalls neue Alu-Dichtungen für Ölablass- und -einfüllschraube
Kosten:
Die Passscheiben bekommt man je nach Stückzahl und Quelle für 0,07-2,50 Euro. Also recht günstig. Insgesamt bewegt man sich für eine kleine Auswahl Scheiben und Dichtungen unter 20 Euro.
Werkzeug:
- 17er und 10er Schlüssel für die Verschlussschrauben des Getriebeöls
- 13er oder 14er Knarre/Schlüssel für den Deckel. Je nachdem, ob die Muttern bereits getauscht wurden. (Bis etwa 1970 war 14mm Schlüsselweite für M8 Standard)
- Magnet (hilfreich)
- Drehmomentschlüssel für 15 Nm
Hintergrund
Gemäß Handbuch werden die Radlager bei ausgebautem Antriebsritzel im ölfreien Radgetriebe auf einen Reibwert eingestellt. Das ist selten „mal eben“ gemacht und erfordert das Zerlegen des Radantriebs und eine neue Papierdichtung. Die Möglichkeit den Reibwert zu messen fehlt auch oft. Also wird am Fahrzeug eingestellt, ohne Zerlegen.
Für das Einstellen der Radlager sind laut Handbuch Distanzhülsen mit Fräsung für die O-Ring-Dichtung in verschiedenen Stärken in 0,1 mm Abstufung vorgesehen. Im Ersatzteilkatalog in Tafel 6 01 und 6 05 zu finden als Druckring Nr. 40 (700.1.34.280.1/xx). Oft hat man gerade keinen Karton voll davon zur Hand, um die passende Hülse auszuwählen. Ausmessen und bestellen ist eher eine Schätzaufgabe und vor allem braucht es Zeit.
Als Alternative für die Distanzhülsen eignen sich hervorragend Passscheiben, wie Sie als Standard im einschlägigen Handel zu bekommen sind. Solche Passscheiben werden zur Einstellung von Axialspiel bei Lagersitzen genutzt, zum Beispiel im Getriebe von BMW 2-Ventil Boxer-Motorrädern. Wir nutzen diese also für den gedachten Zweck. Die Passscheiben werden beim Haflinger zwischen Lager und Distanzhülse eingesetzt.
Leider funktioniert das nur, wenn das Lager Spiel hat. Sollte das Lager zu stramm sein finden wir das mit dieser Methode nicht heraus, außer es gibt den Karton mit kürzeren Distanzhülsen mit denen man testen kann. Dann bleibt nichts anderes übrig, als neue Distanzhülsen zu bestellen oder die vorhandenen Hülsen auf der Lagerseite abzuschleifen oder -fräsen. Das muss natürlich auf einer präzisen Maschine absolut plan vorgenommen werden.
Vorgehen
Radgetriebegehäuse von hinten erstmal möglichst sauber machen, damit kein Dreck ins Lager fallen kann. Lagerspiel am angebauten Rad feststellen. Bei Lagerspiel den hinteren Deckel abbauen. Wenn gewünscht, vorher Getriebeöl ablassen damit weniger am Deckel raus kommt.
Der Deckel könnte etwas klemmen. Darunter muss alles leichtgängig ohne Werkzeug aus- und einbaubar sein, sonst stimmt was nicht. Bei dieser Gelegenheit auch die Sicherungsscheiben von den vier Muttern prüfen. Im Original sind das Fächerscheiben. Falls jemand diese geschlitzten Federscheiben untergelegt hat sollte man die gegen Fächerscheiben oder Wellenscheiben tauschen.
Wenn der Deckel ab ist alles mal genau in Augenschein nehmen und nach Auffälligkeiten suchen. Auch die M16 Kronmutter mit Splint begutachten. Der Splint darf nicht über das Gewinde Richtung Deckel herausragen.
O-Ring und Hülse herausnehmen (Magnet ist hilfreich) und reinigen. Achtung: Einen Gummidichtring niemals dehnen! Der wird dadurch gern mal größer.
Prüfen, ob eventuell schon Passscheiben hinter der Hülse sind (Magnet). Dann 0,1mm beilegen, alles wieder einsetzten und Deckel festschrauben. Wenn immer noch Spiel vorhanden ist nächstgrößere Passscheibe nehmen oder anstückeln.
Das macht man so lange bis nach einer Zugabe von 0,1 mm kein Spiel mehr feststellbar ist. Dann ist das Radlager „spielfrei“ eingestellt.
Jetzt noch alle Schrauben wieder mit dem passenden Drehmoment anziehen und Getriebeöl auffüllen.
Fertig.
Mit der Möglichkeit den Reibwert zu messen hätte man eventuell noch weitere 0,1 mm hinzu gegeben. Also ist das Lager eher noch etwas zu locker als zu stramm. Das ist für ein Kegelrollenlager die bessere Alternative.